Durch die vielen wundervollen Begegnungen mit den Delfinen in den letzten Tagen wurde mir (wieder) etwas bewusst. In manchen Momenten haben uns die Delfine einfach nur kurz angeschaut und sind dann weitergezogen. In den Anfängen unserer einzigartigen Reisen bin ich immer wieder hinterhergehechelt, in der Hoffnung, sie noch zu erwischen. Immer mit dieser „Angst“, dass sie sonst „weg“ sind. Aber was heißt denn „weg“? Weg für den Moment – und vielleicht wieder da im nächsten Moment. Nur allzu oft war ich so versessen auf diesen einen Moment, dass es jetzt und hier klappen muss, anstatt das Gewünschte loszulassen und mich darauf zu freuen, dass etwas noch viel Schöneres oder Besseres zu mir kommen wird. Denn was „später“ zu mir kommt, ist einfach nur eine Reflektion meiner Gefühle von jetzt. Je mehr Mangel ich also jetzt hineingebe, desto mehr Mangel wird zu mir kommen. Schon schön blöd, oder?

Manchmal haben wir Angst vor Veränderungen. Vor dem Loslassen, vor dem, was wir nicht kennen. Wir klammern uns an das, was ist – immer aus Sorge, dass es sonst weg ist. Doch was, wenn jede Veränderung in Wahrheit nur eine neue Form von Leben ist?

Da fällt mir die Geschichte von den Schneeflocken Sam und Sally ein.

Hoch oben in den Wolken tanzen zwei Schneeflocken: Sam und Sally. Sie sind wunderschön geformt, einzigartig, glitzernd im Sonnenlicht. Doch während sie sich ihrem Weg zur Erde nähern, überkommt sie eine Angst. „Was, wenn wir unten sterben?“, flüstert Sally. „Wenn wir den Boden berühren, hört unsere Existenz doch auf …“ Sam nickt traurig. „Ja, wir schmelzen einfach. Und dann sind wir weg.“

Da erscheint ein sanftes Licht. Ein Schneeengel breitet seine Flügel aus und lächelt die beiden an. „Ihr Lieben,“ sagt er leise, „ihr irrt euch. Niemand von euch verschwindet. Ihr verwandelt euch nur.“ Verwundert schauen Sam und Sally den Engel an. „Aber … wir lösen uns doch auf?“ „Nein,“ antwortet der Engel. „Ihr wechselt nur die Form. Ihr werdet zu Wasser. Und dann werdet ihr Teil von etwas Größerem – einem Fluss, einem See, vielleicht sogar dem Meer. Ihr werdet reisen, Leben schenken und irgendwann vielleicht wieder als Schneeflocke zurückkehren.“

Sam und Sally fühlen in diesem Moment, dass er recht hat. Tief in ihrem Inneren spüren sie: Das Ende ist nicht das Ende. Es ist ein Übergang. Und so gleiten sie hinab – ohne Angst, voller Vertrauen. Sie wissen nun: Leben bedeutet Wandlung. Wir hören nie auf zu sein.

Ob dir nun die Delfine davonschwimmen, ein Projekt aus dem Ruder läuft, ein Team sich verändert, ein Markt wegbricht oder es in deiner Beziehung kracht – all das kann sich nach Abschied, Verlust und Unsicherheit anfühlen.

Doch was wäre, wenn nichts wirklich verschwindet? Es wandelt sich. Aus jedem „Schmelzen“ entsteht etwas Neues. Ein Fluss von Möglichkeiten, eine andere Form von Zusammenarbeit und auf jeden Fall immer eine neue Chance.

(Selbst-)Führung bedeutet nicht, immer nur das Alte festzuhalten, sondern dem Neuen zu vertrauen. Genau wie Sam und Sally dürfen auch wir verstehen: Das Ende ist nur der Beginn einer anderen Form von Wirkung. Wo in deinem Leben hältst du noch fest – vielleicht aus Angst vor dem „Ende“? Und was könnte entstehen, wenn du dich traust, loszulassen und dem Wandel zu vertrauen? Vielleicht wartet gerade dort, wo du glaubst, etwas zu verlieren, deine größte Freiheit.

Und genau das habe ich in diesem Moment gemacht und die Delfine einfach ziehen lassen. Weißt du was? Eine andere und noch größere Gruppe kam wenig später zu uns – und hatte Spaß, mit uns zu sein. Diese Gruppe wäre komplett an uns vorbeigezogen, wären wir den schnellen Delfinen gefolgt – in der Hoffnung, sie noch zu erwischen.