„Norman, irgendwie sind gerade gefühlt ganz viele Leute in meinem Umfeld schlecht drauf, unmotiviert oder am Rum-Nölen. Das nervt mich echt“, beginnt mein Freund Massimo unser Gespräch am Mittwochabend. „Magst du einen Tipp haben?“ frage ich ihn. Er nickt. „Bevor du dich mit jemandem triffst, frag dich, wie es dir auf einer Skala von 1 (schlecht) bis 10 (grandios) geht. Nehmen wir an, du bist bei einer 7. Dann gehst du zum Treffen. Und danach fragst du dich wieder – wie geht’s mir, nachdem ich Zeit mit diesem Menschen verbracht habe? Ist es weiterhin eine 7, war es vielleicht nett, hat jedoch nichts gebracht. Ich möchte doch Spaß bei den Dingen haben, die ich tue. Ist die 7 auf eine 8 oder 9 gestiegen, dann triff dich öfter mit diesem Menschen. Wenn die 7 jedoch zu einer 5 oder 4 geworden ist, würde ich den Kontakt einschränken. Denn wer investiert schon gerne seine kostbare Lebenszeit mit und für andere, die einem dann die Stimmung versauen?“

Dabei fällt mir wieder einmal bewusst auf, dass jede Unterhaltung, jedes Treffen und alles, was du in jeder Sekunde tust, immer ein Ziel verfolgt. Und zwar ausschließlich ein Ziel, das dir sofort oder in Zukunft etwas bringt. „Nein Norman, ich tue das aus Nächstenliebe und…“ Ja, ja, ja. Das dachte ich auch einmal. Deine Nächstenliebe ist mit großer Sicherheit dazu da, dass du dich gesehen fühlst. Oder dich gebraucht fühlst. Oder dich geliebt fühlst. Oder was auch immer. Es gibt ein wunderschönes Zitat von Johann Wolfgang von Goethe, dass ich heute passenderweise gehört habe:

„Du kannst den wahren Charakter eines Menschen danach beurteilen, wie er diejenigen behandelt, von denen er weder einen Vorteil noch einen Nutzen hat.“

Und ich gebe dem guten Johann dabei absolut recht. Menschen, von denen wir für unsere sehr offensichtlichen oder auch versteckten Wünsche keinen Vorteil oder Nutzen ziehen können, nehmen wir oftmals gar nicht wahr. Wir beachten sie einfach nicht. Oder läufst du durch die Einkaufsstraße und schaust jedem Menschen in die Augen, als wäre er dein absoluter Lieblingsmensch? In der Regel nicht. Du machst dein Ding. Bis dann jemand kommt, den du kennst. Wir halten beim Vorgesetzten an, denn der ist ja wichtig für die eigene Karriere. Wir halten beim Mitarbeiter an, denn der ist ja wichtig für die Erreichung unserer Ziele. Wir sind auch freundlich zum Polizisten, denn der kann uns das Leben schwer machen. Und so weiter und so fort.

Wir Menschen sind sehr selektiv, und hinter jedem Kontakt steckt immer ein guter Grund für uns selbst. Auch wenn wir der Welt sagen, dass wir etwas ganz uneigennützig für den anderen tun. Was ist der Vorteil, den du dadurch erhältst? Schau mal bitte genau hin. Denn dabei kannst du sehr viel über dich und deine manchmal versteckten Antriebe und Wünsche lernen. Warum triffst du dich mit gewissen Menschen? Warum gehst du zu deiner Arbeit? Warum meidest du manche Menschen oder Events? Was bringt dir das eine und was schützt du bei anderen Angelegenheiten, zu denen du nicht gehst?

Massimo und ich sprechen noch den ganzen Abend über dieses spannende Thema. Und am nächsten Morgen schickt er mir eine WhatsApp:

„Hi Norman, mit 7 rein und 10 raus…🔥 Danke dafür. Bis bald.“ Schön. Wieder ein Herz positiv verändert. Somit hat er etwas für sich bekommen, und ich freue mich, dass meine Ideen und Inspirationen super angenommen wurden und einen positiven Effekt hatten. Somit haben wir beide das bekommen, was wir (unbewusst oder bewusst) wollten: ein besseres Gefühl.

Ich bin gespannt, was dir bei dir selbst zu diesem Thema in den nächsten Tagen auffällt.