Da stehe ich nun in neun Metern Höhe vor einem „fliegenden“ Snowboard, welches an zwei Seilen zwischen zwei Bäumen hängt. Meine beiden Jungs sind bereits kurz vor mir wie die Vollprofis von Baum zu Baum geboardet. Herzlich willkommen im Kletterwald Hohe Düne. Während ich mir noch überlege, wie ich nun am besten auf das Board springe, um die Distanz von ca. 10 Metern zwischen den Bäumen zu überwinden, vergesse ich für einen Moment die Höhe. Das hilft auch, denn Angst ist in solch einer Situation kein guter Begleiter. Da fällt mir ein, wie ich vor vielen Jahren Nelson Mandela in der Hotellobby eines Disney Hotels in Orlando, Florida bei einem Interview gelauscht habe. Wahrscheinlich sagte er folgenden Satz nicht in Orlando, sondern irgendwo anders. Jedoch kommt mir der folgende Satz von Nelson Mandela jetzt gerade in den Sinn: „Mut ist keine Abwesenheit von Angst, sondern ihre Überwindung“.

Nelson Mandela meint damit, dass wahre Tapferkeit darin besteht, trotz vorhandener Angst zu handeln und sich ihr zu stellen, anstatt völlig angstfrei zu sein. Wie schaut es da bei dir aus? Stellst du dich immer wieder deiner Angst oder drückst du die Angst einfach weg? Immer in der Hoffnung, dass sie irgendwann verschwindet. Manche machen das auf den ersten Blick sehr geschickt, indem sie jeden Abend das ein oder andere Fläschchen Alkohol leeren. Denn das macht die Bilder im Kopf langsamer und somit fühlt sich die Angst nicht so stark an. Nur geht sie davon nicht weg. Bei der Angst ist es wie bei der Trauer. Sie wartet auf dich. Du willst dich im Job ablenken? Die Angst wartet auf dich, bis du Feierabend machst. Du willst dich mit Alkohol ablenken? Die Angst wartet auf dich, bis du wieder nüchtern bist. Warum also nicht gleich der Angst in die Augen schauen und diese einfach mal angehen? So wie hier im Kletterpark. Ich kann da oben zittern, jammern und schimpfen, weinen oder auf mich einreden, wie doof ich doch war, hier hochzukommen. Nur das bringt mich immer noch nicht zurück auf den Boden. Es macht nur meine aktuelle Situation noch angespannter. Daher fokussiere ich mich einfach mal auf den nächsten Schritt und blende die Höhe temporär aus. Es ist schon spannend, wie leicht es meinem Gehirn fällt, mit der Angst umzugehen, wenn das Snowboard jetzt auf dem Boden liegen würde. Nur kaum hängt das gute Stück neun Meter in der Höhe, ist Panik im Kopf. Ich bin doch gesichert. Somit ist es doch ähnlich, als wenn es am Boden wäre. Manchmal fühlt sich das Leben auch wie ein Hochseilgarten an. Mein Tipp: Einen Schritt nach dem nächsten nehmen und den Fokus auf das legen, was genau vor dir liegt. Vergiss die mögliche Fallhöhe oder was alles passieren könnte. Denn du kannst dir auch am Boden den Hals brechen, wenn du blöd über eine Wurzel fällst.

Nur wo ich jetzt bin, ist keine Wurzel. Ich hänge ja immer noch in neun Metern Höhe zwischen zwei Bäumen. „Mut ist keine Abwesenheit von Angst, sondern ihre Überwindung“. Also springe ich mal mutig in Richtung der Snowboardmitte und segle fast wie auf Flügeln von Baum zu Baum. Und auf der anderen Seite stelle ich wieder einmal fest, dass die ganze Aufregung nur in meinem Kopf und die Fahrt grandios toll war. Warum also brauchte ich vorher die Angst, die mir alles kaputt machen wollte? Nein, ich brauchte sie nicht. Jedoch habe ich anerkannt, dass sie da war und bin damit umgegangen. Durch den nächsten Schritt in die richtige Richtung. Weiter und immer weiter nach vorne. Oder wie es auf dem VfB Stuttgart Trikot von Philip steht: Furchtlos und treu.