Napoleon Hill, der Autor des Erfolgsbuches „Denke nach und werde reich“, schreibt in seinem Buch über die wichtigsten Erfolgsprinzipien. Und eines davon war am vergangenen Wochenende ein absoluter Gamechanger für uns. „Sei nicht verbittert.“
Am Samstagmorgen um 05:00 Uhr klingelt der Wecker. Genau meine Zeit… Anke und ich fahren nach sieben Tagen Kommunikationstrainer Seminar vom Starnberger See nach München. Der Sonnenaufgang am Horizont vor dem Münchner Flughafen ist traumhaft. Unser Auto übergeben wir direkt vor dem Eingang an den lächelnden Valet Service Mitarbeiter und checken ein. Abflug ist um 09:55 Uhr. Top. Damit sind wir um 12:55 Uhr in Barcelona, um auf die MSC Seaside zu steigen. Zwar kam von Seiten der MSC vor drei Tagen eine SMS, dass das Schiff aus technischen Gründen bereits um 17:00 Uhr statt um 19:00 Uhr ablegt und das ist uns zu diesem Zeitpunkt vollkommen wurst. Wir sind ja kurz vor eins am Start.
„Aufgrund eines technischen Fehlers verschiebt sich der Abflug Ihres Fluges VY1813. Sie erhalten in der nächsten Stunde weitere Informationen.“ Na, auf diese Aussage hätte ich nun verzichten können. „Der Flieger ist doch gerade ans Gate gerollt. So kaputt kann der nicht sein“, denke ich mir. Gut. Wenn es dann in 60 Minuten gleich losgeht, ist alles perfekt. Was wenn nicht? Ich checke die Alternativen. Kurz vor 13 Uhr geht ein Lufthansa Flug ebenfalls nach Barcelona oder später am Nachmittag ein Flug nach Marseille, wo das Schiff morgen sein würde. Nur dazu bräuchten wir unser Gepäck. Ich mit einem Lächeln zum Schalter. „Tschuldigung, wir bräuchten eventuell unser Gepäck, falls sich hier nichts tut. Sonst ist unser Schiff weg.“ Die Frau schaut mitleidig. „Das Gepäck ist bereits im Flugzeug (diese Info wird etwas später noch wichtig sein). Ok. Dann wohl doch kein Plan B oder C. Ich telefoniere mit dem Kunden, der mit seinen Mitarbeitenden schon auf dem Schiff ist. „Warten wir mal ab.“
Gut. Wir warten. Und warten. Nach zwei Stunden ziehen wir alle wie eine Karawane hinter der Dame von der Fluggesellschaft her. Neues Gate. Hoffnung auf Abflug? Nein. Unser Gate wird einfach nur für einen anderen Flug gebraucht. Dort beginnt nun nach weiteren 40 Minuten das Austeilen von Gutscheinen für etwas zu essen. Kurz bevor ich an der Reihe bin, endet die Aktion, denn wir Boarden. Top. Los geht’s. Lieber fliegen, als gratis was essen. Ich weiß, für einen Schwaben ungewöhnlich. Aber hey, wir wollen ja aufs Schiff und da gibt es genug zu essen. Als wir kurz darauf im Flieger sitzen, erklärt uns der Kapitän mehr zu den technischen Defekten. Dabei steht er im Mittelgang, anstatt die Ansage im Cockpit zu machen. Sehr gut – tolle Führungskraft, denke ich mir. „In 10 Minuten geht es los“ höre ich ihn sagen.
Mein Tipp an dich: Wenn du nicht sicher weißt, dass es exakt 10 Minuten sind, sag lieber etwas wie „in Kürze“. Denn nach 10 Minuten passiert nichts. Einige Fluggäste, die nach Barcelona zum Real Madrid Spiel wollen, drehen schon mittelschwer am Rad. Nach ca. 25 Minuten sehen wir den Kapitän wieder im Mittelgang stehen. „Meine Damen und Herren. Durch den Umzug vom Ursprungsgate (aufgrund der Reparatur) haben wir gerade festgestellt, dass unser Gepäck noch im Flughafen ist. Es kommt nun zum Flugzeug und wir sollten in ca. 45 Minuten starten.“
Atmen. Einfach nur Atmen.
Nach ca. 30 Minuten stürmt eine Frau recht boshaft an unserem Platz in der sechsten Reihe vorbei. „Nun wollen zwei Leute aussteigen. Solche Arschlöcher. Wo sind die…?“. Aufgrund der späten Zeit entscheiden sich nun Vater und Sohn, das Flugzeug zu verlassen, was dazu führt, dass deren Gepäck nun wieder ausgeladen werden muss. Grad war es auf dem Weg rein, nun ist es auf dem Weg zurück nach draussen. Einfach nur Atmen, Norman. Alles ist gut.
Schlappe 4,5 Stunden nach geplanter Ursprungszeit landen wir in Barcelona. Unser Gepäck ist als erstes auf dem Band. Praise the Lord. Wir rein ins Taxi. Unser Kunde hat mittlerweile das halbe Schiff befragt, ob sie warten können. Denn es ist kurz nach 17.00 Uhr und das Schiff sollte jetzt los. Auf halber Strecke im Taxi schreibt der Kunde „Die Gangway ist zwar noch draussen, aber am Hafenterminal ist keiner mehr. Macht also laut den Verantwortlichen auf dem Schiff keinen Sinn mehr zu kommen.“ „Echt jetzt?“ Anke springt fast aus dem Taxi. „Lass uns trotzdem hinfahren.“ „Nein Schatz. Es macht keinen Sinn. Wir fahren zurück zum Flughafen. Die sollen uns nun ein Hotel und einen Flug nach Marseille buchen“, sage ich. Schön, dass der Taxifahrer unser deutsches anschließendes Wortgemengel nicht versteht.
Zurück am Flughafen flitze ich zum Airline Schalter. Ausser einem blauen Zettel mit einer Vorgangsnummer bekomme ich nichts. Kein Hotel. Kein Flug. Kein Essen. „Die Quittungen können Sie dann einreichen.“ Super, danke für nichts. „Das Schiff ist immer noch da. Wären wir doch einfach hingefahren“, merkt Anke mit mittelschwerem Unterton an. Ich schreibe dem Kunden, was denn los ist. „Das kotzt mich so an. Wir sind nach einer Stunde immer noch da“, kommt vom Kunden. „Verdammt nochmal. Dann fahren wir jetzt zu dem scheiss Hafen.“ Also wieder rein ins nächste Taxi. „Können Sie schnell fahren?“ Der Fahrer wirkt leicht verdutzt und gibt (in seinem Maße) Gas. Wieder auf halber Strecke schreibt der Kunde: „Wir fahren jetzt. Geht doch in unser Airport Hotel von gestern. Das war gut.“ Ok. Lieber Taxifahrer, wir drehen wieder um. Während wir noch fahren, schaue ich auf die Homepage des Hotels. Keine freien Zimmer. Super. Während ich das denke, fahren wir vor. Egal, wir versuchen das jetzt. Wenn ich das Anke sage, springt sie vollends aus dem Taxi.
Wir rein ins Hotel. „Ein Doppelzimmer bitte.“ „Haben Sie eine Reservierung?“ „Äh, nein. Wir haben auch kein Schiff mehr. Das ist jetzt weg. Daher brauchen wir jetzt einfach ein (scheiss) Zimmer.“ Auch wenn ich von der spanischen Unterhaltung mit seiner Kollegin wenig verstehe, gefällt mir ihr Blick nicht. „Wir haben leider kein Zimmer mehr.“ „Echt jetzt?“ „Nur noch eine Suite.“ „Was kostet die? Ach wissen Sie was…, es ist mir scheiss egal, was die kostet. Wir nehmen sie. Zahlt eh die Airline. Gibt’s hier was zu essen?“ Er nickt. „Wollen Sie morgen für Ihren Flughafen Shuttle um 05.00 Uhr einen Weckruf?“ „Nö. Wir stellen unseren eigenen Wecker (das wird auch noch wichtig werden).“ Er nickt abermals und zeigt bezüglich Essen in Richtung Restaurant, in dem wir 10 Minuten später stehen. „Entschuldigung, wir machen erst in 1,5 Stunden auf“, höre ich von dem netten Kellner. Meine Gedanken in diesem Moment gehen in die Richtung „ich könnte im Strahl kotzen.“ Egal. Dann essen wir was in der Bar.
Auf dem Weg in unsere Suite sehen wir etwas später, dass heute Nacht Zeitumstellung ist. Was macht der clevere Mann von Welt? Die Automatik am Handy auf manuell stellen, die Zeit um eine Stunde zurückstellen und den Wecker anpassen. Passt. Um 4.25 Uhr werden wir geweckt. Gute Nacht.
In der tiefsten Nacht klingelt unser Zimmertelefon. Ich hechte mich auf die neben mir liegende Anke, die jedoch schon geistesgegenwärtig am Telefon ist. „Hallo? Was? Ja. Danke.“ „Wer war denn das?“ will ich wissen. „Die Rezeption. Der Mann sagt, wir haben in 10 Minuten einen Termin.“ Ich schaue durch mein halb offenes Auge auf mein Handy. „Es ist 3:50 Uhr. Wir haben in 10 Minuten nix.“ Tja, wer hat eine Idee, was hier gespielt wird? Learning fürs Leben: Das Handy stellt sich immer um. Ob Netz. Ob W-Lan. Ob manuell oder automatisch. Also war die Idee gut und wir haben die Rechnung ohne die smarten Apple Mitarbeiter der Entwicklungsabteilung gemacht. Denn es war ja nun schon 4:50 Euro. Mit Raketenantrieb im Blut schießen wir aus dem Bett und sind stolze 9 Minuten später in der Lobby und 11 Minuten später im Shuttle.
Atmen Norman. Einfach nur Atmen. Check In am Flughafen und Flug klappen nun wiedererwartend gut und wir freuen uns nun, dass diese ereignisreise Zeit nun wohl vorbei ist.
In Marseille angekommen packen wir einen Koffer auf den Beifahrersitz, den anderen neben meinem Rucksack und meiner orangenen Lederjacke in den Kofferraum.
Endlich am Hafen angekommen, kümmere ich mich um die Bezahlung, während der nette Taxifahrer alles auslädt und unser Hab und Gut an Anke übergibt. Wir rein ins Hafengebäude. Dort ist der Check In noch nicht mal aufgebaut. „In 1,5 Stunden können Sie einchecken.“ Na dann… mit warten kennen wir uns aus. Da es recht früh am Morgen ist, finde ich es etwas frisch in meinem T-Shirt. Mein Blick geht über all unsere Utensilien. „Wo ist denn meine orangene Lederjacke?“ „Keine Ahnung. Wo war die denn?“ Die war im Kofferraum. Mit meinem Rucksack und dem Koffer.“ „Hier ist sie nicht.“ „Ehrlich jetzt? Alles wurde ausgeladen, nur die Jacke nicht?“. Atmen Norman. Einfach nur Atmen. Zwei Sicherheitsbeamten und 20 Minuten später, hat Bruno, ein netter Mitarbeiter den richtigen Taxifahrer am Telefon, der, oh Wunder, die Jacke noch im Kofferraum hat. „Er ist schon wieder am Flughafen. Wenn er nur wg. der Jacke zurück kommen soll, kostet es nochmal 69 Euro. Oder er kommt etwas später, wenn er eine Fahrt in die Stadt hat.“ Ich wähle Variante zwei. Bruno und ich tauschen Nummern. Ok, das läuft.
Während wir warten, schaue ich in die MSC-App und kann mich mit unserer Buchungsnummer nicht mehr einloggen. Ist ja klar, wir sind nicht angereist und somit wird uns das System aus dem selbigen geworfen haben. Und genau in diesem Moment fallen mir Napoleon Hills Worte ein: „Sei nicht verbittert.“ Warum auch. Ich Atme mal wieder. Und nochmal. Und nochmal. Und trinke ein Schluck Wasser. Es ist doch ein schöner Tag. Wir sind am Ziel und was auch immer uns die letzten Stunden sagen sollen, weiss ich noch nicht. Und irgendwo auf dem Schiff werden sie uns schon unterbringen. In dem Moment des Aufgebens meiner Verbitterung beginnt eine komplett neue Zeit. Wir werden vor allen anderen an Bord gelassen. Unser Kunde und eine liebe Frau erwarten uns bereits im Yacht Club Bereich des Schiffes. Nach und nach kommen alle Mitarbeitenden des Kunden vorbei und sagen hallo. Unser Buttler möchte uns alles in der Suite zeigen, kommt jedoch nicht dazu, da der Taxifahrer wieder zurück ist. Laufe also flinken Schrittes zurück ins Hafengebäude, gebe ihm 20 Euro und drücke Bruno für die ganze Hilfe mein englisches Buch „I AM GRÄTER“ und 10 Euro in die Hand. Das Geld gibt er mir kopfschüttelnd und dankend zurück und bedankt sich für das schöne Buch Geschenk.
Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen. Vielleicht war die ganze Sache auch nur genau dafür gut, dass ich mich an Napoleon Hills Worte „Sei nicht verbittert“ erinnern sollte. Zwar wurde meine blaue Brille an diesen beiden Tagen mehrmals massiv getestet und manchmal habe ich auch die rote Brille aufgesetzt und trotzdem ist mir eines klar: Die Umstände kann ich nicht beeinflussen. Jedoch meine Sicht darauf schon.
In diesem Sinne packen wir jetzt mal für die nächste Geschäftsreise in die Karibik weiter und melden uns nächste Woche aus Ocho Rios wieder.